zum Hauptinhalt
Vertreter der syrischen Opposition bei ihrem Treffen am Montag in Istanbul.

© AFP

Syrien: Die Opposition sucht einen Premier

Die Gegner von Präsident Assad verhandeln in Istanbul über eine Übergangsregierung – und zeigen vor allem, wie uneinig sie sind. Zwischen Kämpfern und Exilgruppen verläuft ein tiefer Graben.

Istanbul - Es ist wie bei der Geburt des ersten Kindes, sagt Khalid Saleh. „Manchmal dauert es zwei Stunden, manchmal vierzehn“, sagt der Sprecher der syrischen Oppositionsplattform SNC. Saleh lächelt tapfer, aber die Geburtswehen bei der Bildung einer syrischen Übergangsregierung sind unübersehbar.

Der SNC-Sprecher steht am Montagnachmittag vor einem Konferenzsaal eines Hotels in der Nähe des Flughafens der türkischen Metropole Istanbul. Drinnen im Saal beraten mehrere Dutzend Vertreter des SSNC über die militärische Lage in Syrien, wo Oppositionskräfte seit fast genau zwei Jahren gegen die Truppen von Präsident Baschar al Assad kämpfen. Nun wollen die Regimegegner bei ihrem zweitägigen Treffen in Istanbul eine Übergangsregierung bilden, die jene Teile Syriens regieren soll, die nicht mehr von Assad beherrscht werden. Das soll den Machtwechsel in Damaskus einleiten.

Mehrmals in den vergangenen Monaten haben die Oppositionellen vergeblich versucht, sich auf einen Kandidaten für das Amt des Übergangspremiers zu einigen. Das Istanbuler Treffen wurde deshalb zweimal verschoben. Auch am Montag herrschte Verwirrung auf den Gängen vor dem Konferenzsaal, einen gemeinsamen Kandidaten gab es nicht. Insgesamt zwölf Bewerber um das Amt waren gemeldet. Unter den Kandidaten waren der SNC-Wirtschaftsberater Osama Kadi aus Kanada, der ehemalige syrische Agrarminister Assad Asseq Mustafa und Walid al Zoabi, ein syrischer Immobilienunternehmer aus Dubai. Die Identität von zwei Kandidaten wurde geheim gehalten, weil sie in Syrien selbst leben und möglicherweise zu Hause Racheakte von Regierungsanhängern zu befürchten hätten, wenn sie nach der Konferenz dorthin zurückkehren.

Das Auswahlverfahren für das Amt des Übergangspremiers sollte noch am Montag beginnen. Angesichts der vielen internen Fehden beim SNC in den vergangenen Monaten zählt die Tatsache, dass das Istanbuler Treffen überhaupt zustande kam, schon als Erfolg.

Die Oppositionellen stehen unter Druck. Immer weiter hat sich im Verlauf des zweijährigen Konflikts die Schere zwischen den unter Lebensgefahr operierenden Aktivisten in Syrien selbst und der Exil-Opposition geöffnet. Der Oppositionsverband SNC, der verschiedene Interessen und Weltanschauungen vereinen soll, hat das Bild eines Vereins vermittelt, dem interne Machtspielchen wichtiger sind als das gemeinsame Ziel, Präsident Assad von der Macht zu verdrängen. Nicht zuletzt wegen dieser Vorgeschichte wird das Istanbuler Treffen selbst im Fall einer geglückten Wahl einer Übergangsregierung keinen Durchbruch über Nacht bringen. Zu groß ist das Misstrauen der Oppositionellen in Syrien selbst und der potenziellen Partner im Westen. Immer wieder hatten Politiker wie Außenminister Guido Westerwelle (FDP) im Verlauf der vergangenen zwei Jahre nach glaubwürdigen und demokratischen Alternativen zu Assad gerufen, um eine Unterstützung des Auslands zu erleichtern.

Doch bisher gab es vor allem Streit, zuletzt um die Ankündigung von SNC-Chef Moaz al Khatib, auch ohne Rücktritt von Assad mit dessen Regierung über einen demokratischen Wandel in Syrien verhandeln zu wollen. Thomas Seibert

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false